Presseveröffentlichung
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Genossenschaften
benötigen Finanzierungs-Innovationen
Sind dafür auch „ICOs“ in
Kooperation denkbar und machbar?
Wer
heute in Genossenschaft ein oder mehrere überzeugende Projekte realisieren
will, steht vor der schier unlösbaren Frage, woher die Mittel dafür nehmen?
Der MMW Bundesverband ist genau dieser Frage nachgegangen und konnte schnell
feststellen: Neben Ratlosigkeit, bekam man lediglich zu hören, was und warum
alles nicht geht. Sinnvolle Antworten blieb man schuldig.
Man
macht es sich zu leicht, in den Etagen der Politik, einerseits das „Loblied“
pro Genossenschaften einzustimmen und andererseits – eher überrascht – zu
tun, wenn man auf die möglichen Ursachen zu sprechen kommt, weshalb lediglich
0,2% der Genossenschaften dem Mittelstand zuzurechnen sind. Und wenn man dann
noch die Frage aufwirft, wo die Ideen bleiben, um aus „Reden die Taten“
entstehen zu lassen und ob es dazu Ansprechpartner in Ministerien oder
Parteien gibt, dann kann man allenfalls erwarten, dass man „Good will“
erfährt, aber keine konkreten Konzepte bestehen.
Da
ist die Frage mehr als angebracht, ob man unter „Genossenschafts-Sektor“
lediglich kleine „Inseln“ versteht, oder ob man ob man bereit ist,
Genossenschaften mindestens gleiche Chancen einzuräumen, um Innovationen in
Erscheinung treten zu lassen, die Menschen wollen und an denen sie teilhaben
möchten, weil sie über Nutzen und Sinn mitentscheiden wollen.
MMW
hat – in Verbindung mit Experten unterschiedlichster Professionen und
Erfahrungen – genau diese Fragen in einem Hearing ausgewertet und nach
Lösungen gesucht, ob und wie Möglichkeiten bestehen, aktuell etwas zu bewegen
oder ob man erste wiederum Jahre warten müsse, bis sich etwas in Richtung
positiver Signale für interessante Genossenschaft-Projekt-Finanzierungen
bewegen lässt.
Von
besonderem Interesse war auch der Frage nachzugehen, welche Vorteile
derzeitig ein Unternehmen hat, das nicht kooperativ ausgerichtet ist, sondern
in den bekannten Rechtsformen einer GmbH oder AG eine größere Innovation –
sozusagen im „Konkurrenz-Sektor“ unternehmerisch in Erscheinung bringen will.
Neben
den eher fach- und sachbezogenen Fragen, wurden auch Fragen einbezogen, die
man durchaus als politisch oder gesellschaftspolitisch für relevant halten
könnte, wenn Projekte zur Finanzierung im „Komkurrenz-Sektor“ anstehen.
Dazu
einige der wichtigsten gestellten Fragen:
A. Woher kommen die Fördermittel (die
eigentlichen Geldgeber)?
B. Was geschieht mit dem Mehrwert,
der sich aus solchen „Steuermittel-Finanzierungen“ ergeben?
C. Was geschieht, wenn die Mittel
nicht zu dem erhofften Erfolg führen, sozusagen „in Sand gesetzt“ werden?
D. Wer beurteilt die Folgewirkungen
der eingesetzter Mittel in Hinblick auf deren Auswirkungen und Förderlichkeit
für Menschen und Gesellschaft?
E. Werden besondere Anforderungen an
die Antragsteller gestellt, die sich auf die Menschen beziehen, die für den
oder die Antragsteller tätig werden?
Man
kann sich des „Gefühls“ nicht ganz entziehen – so fasste einer der
Wirtschaftswissenschaftler das Ergebnis zusammen – dass man seitens der
Politik solche Fragen gern ausblendet, weil es einfach keine anderen
„Angebote“ gibt. Es gibt keine Genossenschaften oder andere
Kooperations-Unternehmen, die überhaupt Zugang zu solchen Programmen haben.
Und weil das so ist, können solche – wichtigen Fragen – einfach schlichtweg
nur ausgeklammert werden.
Zusammengefasst
– so die Hearings-Teilnehmer - kann wohl gesagt werden:
a. Alle diese Mittel speisen sich
letztlich aus Steuern.
b. Wenn die Mittel nicht zur Wirkung
kommen, d.h. „vernichtet“ werden, müssen sie „ausgebucht“ werden, sofern auch
bestehende „Schuldversprechen“ der Antragsteller nicht einbringbar sind.
c. Eine Art
„Folgewirkungs-Beurteilung“ wird eher sekundär gemacht. Es reicht eigentlich
aus, dass die Mittelverwendung in den Kontext der jeweiligen Programme passt.
Es gibt keine direkte Möglichkeit des Mittelgebers auf die – meist erst
später erkennbaren – konkreten unternehmerischen Entscheidungen.
d. Auch gibt es keine – zumindest
keine relevanten und dann auch korrigierbaren – Einflussmöglichkeiten des
Mittelgebers auf soziale Folgen, wie z.B. „Rationalisierungs-Entlassungen“.
e. Verkürzt kann gesagt werden:
Gewinne werden subventioniert und Verluste werden sozialisiert.
Recht
sicher kann wohl gesagt werden: Im „Spielfeld Konkurrenzwirtschaft“ findet
Jahr für Jahr ein enormer Transfer von Steuermitteln der Allgemeinheit in
Richtung Individual-Vermögen von Wenigen statt. Und recht sicher kann man
wohl auch sagen, dass davon eigentlich zu wenig im Interesse der
Allgemeinheit zur Wirkung kommt.
Konfrontiert
man Politiker im persönlichen Gespräch, so wird das durchaus bestätigt, aber
mangels Alternativen, kaum eine Korrektur dieser Situation zu erwarten ist.
Also
dienen Fördermittel-Vergabe – zwar unbewusst, aber faktisch - letztlich auch
dazu, zu verhindern, dass sich ein Kooperationssektor entwickeln kann,
solange beim Zugang zu solchen Fördermitteln keine „Zugangs-Gleichheit“ für
Genossenschaften besteht.
Die
Idee, den Genossenschafts-Sektor z.B. im Mittelstand mehr Gewicht zu geben,
bleibt eine Illusion, solange nicht speziell für diesen Sektor Förderung
entwickelt wird, die auch so etwas wie einen Nachteilsausgleich beinhalten
sollte.
Was
würde nun aber anders sein, sofern man den Genossenschafts-Sektor tatsächlich
gleichbehandeln oder gar – vorübergehend – „privilegieren“ würde?
Die
größere Anzahl der Teilhaber und die nach innen wirkenden Kontroll- und
Fördermechanismen lassen es als durchaus möglich erscheinen, dass mehr
Verantwortlichkeit im Interesse des Ganzen geschieht. Wer sich für eine
Genossenschaft entscheidet, um wirklich innovative Projekte in Erscheinung zu
bringen, lässt vermuten, dass er oder sie offen sind, auch gesellschaftlich
negative „Folgenbeurteilungen“ zu
vermeiden.
Wir
sehen also, dass es viel Sinn machen kann, den kooperativen Sektor gezielt zu
befördern, weil dadurch sehr wohl Impulse auf das Thema „Gesamtverantwortung“
auszulösen sind, was wiederum ermöglicht, so etwas wie ein „Werte- und
Verantwortungsbewusstsein“ in der Konkurrenzwirtschaft systematisch
anzubahnen.
Was
ungelöst bleibt, ist dass es sich letztlich bei Fördermitteln stets um
Steuermittel handelt. Die „Mittelgeber“ – also die Steuerzahler – können
keinen direkten Einfluss auf die „Mittelverwendung“ (oder auch
„Mittelverschwendung“) nehmen. Das ist und bleibt indirekt über die Ebene der
Verwaltung gesteuert.
Immer
noch irgendwie unbefriedigend, aber durchaus in die richtige Richtung
weisend.
Und
was bitte, so die – durchaus ernst gemeinte Frage – des MMW-Vorstandes Gerd
K. Schaumann – an die „Experten, wäre eine Art „Ideal-Lösung“?
Die
Antwort der Experten war verblüffend einfach: Alle diese Voraussetzungen sind
gegeben, wenn – auf kooperativer Basis – so etwas wie ein „Crowd-Prozess“ in
Gang käme, denn „Schwarmfinanzierung“ beinhaltet Transparenz und jeder
Teilnehmer entscheidet selbst, ob die Innovationen (Inhalte) seinen
Interessen entsprechen. Die Verluste werden auch nicht „sozialisiert“ und die
Gewinne nicht von wenigen „privatisiert“.
Und
weil so etwas in Coop geschieht, ist es transparent und nachprüfbar, sofern
es keine „Eintritt-Barrieren“ über zu hohe „Mindest-Zeichnungen“ gibt, was es
unmöglich macht, dass jeder Mensch – gleich wie seine finanzielle Ausstattung
ist – sich an diesen Projekten beteiligen könnte.
Eine
besondere Form einer „Schwarm-Finanzierung“ ist ein ICO (Initial Coin
Offering) und wird bisher lediglich von „Initiatoren“ genutzt, um ihre
eigenen Unternehmen oder Projekte zu finanzieren. Zu Recht wird darauf
verwiesen, dass Gelder, die in solche Angebote fließen recht hoch
risikobehaftet sind.
Wenn
jedoch die Teilnehmer selbst Einfluss auf und Kontrolle über den Einsatz und
die Mittel ausüben könnten und an den Erträgen beteiligt wären, so die
„Experten“, wäre das durchaus eine ideale Chance, um einen Kooperations- bzw.
Genossenschafts-Sektor entstehen zu lassen, der auch zur Entstehung einer
Coop-Mittelstandswirtschaft befähigt wäre.
Wird
aus der konstatierten„ Krise und Kritik“ (wie oben aufgezeigt) in Richtung
Mittelstandsgenossenschaften doch eher eine Lösung, vielleicht sogar eine
sehr innovative?
Die
Vertreter des – wohl weltweit – ersten „ICO“ in Coop-Form waren nicht nur gefragte
Gesprächspartner der Experten, sondern erhielten auch für ihr innovatives
Gesamtkonzept viel Zuspruch. Besonders die Idee, dass man sich bereits mit
1,00 Euro an dem Konzept beteiligen kann, war eine überzeugende Offerte,
damit sich jeder Teilnehmer ein eigenes Urteil machen kann. (Für weitere
Informationen siehe www.äequator.io)
Dem
positiven Resümee der „Runde der Experten“ ist eigentlich nichts mehr
hinzuzufügen, so der MMW-Vorstand. Wir werden das Projekt „Aequator“ kritisch
und konstruktiv begleiten, weil wir dringend innovative Projekte und Ideen in
Deutschland benötigen, die mittels Genossenschaften umgesetzt werden können –
trotz - bestehender Chancenungleichheit beim Thema
Finanzierung. Jetzt haben die Bürger das Wort, selbst zu testen und zu
votieren.
Verschiedene
Teilnehmer erinnerten daran, dass vor 200 Jahren Friedrich Wilhelm Raiffeisen
„Genossenschaften als Problemlöser“ einer Notlage (Kreditwucher) erfolgreich
entwickelte. Vielleicht kann es gelingen – wenn auch erst 200 Jahre später –
Genossenschaften zu einem „allgemeineren Problemlöser“ für einen bedeutsamen
„Kooperations-Sektor“ zu machen: „Coop-ICO“ ist nicht begrenzt auf die Lösung
wirtschaftlicher Themen. Auch im Öko-Sektor und Sozialbereichen gibt es viele
Projektidee, die selbstorganisiert auf den Weg zu bringen wären.
Und
warum letztlich nicht auch einen „Förderfonds“ für kleinere Startups mittels
„Coop-ICO“ aufbauen …
Die
Anregung der Experten folgend, wird der MMW-Vorstand weitere Hearings zum
Thema „Genossenschaften und Finanzierung“ durchführen und in diesem
Zusammenhang auch über den Verlauf des „Aequator-Projektes“ informieren.
Der
Vorstand des „Aequator-Projektes“ sicherte zu, regelmäßig zu informieren und
für spezielle – verbandsoffene - „Hearings“ zur Verfügung zu stehen.
Wir
als Verband – so der MMW-Vorstand – können uneingeschränkt alle an
Kooperation und Genossenschaften interessierte Menschen auffordern, für 1,00
Euro Mitglied an diesem – erstmaligen und derzeit einmaligen – Projekt zu
werden. Was wir jedoch nicht tun wollen ist,
Empfehlungen zu geben, um wieviel jeder Einzelne diesen Euro
aufstocken sollte. Wer jedoch wirklich etwas in Sachen Kooperation,
Genossenschaft „bewegen“ will, wird sicherlich auch Wege finden, sich von den
Gremien der Projektinitiatoren, aus Medien oder von unabhängigen Beratern,
Entscheidungshilfe zu holen.
Das
Resümeee: Ohne Überzeugung, Sachverstand und Selbstverantwortung kann nicht
wirklich eine „Miteinander-Gesellschaft“ entstehen, nach der sich inzwischen
– stabil laut Umfragen – mehr als 60% der Menschen unseres Landes förmlich
„sehnen“ …
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